Am 18. November 2012 konnte Silente 08 telefonisch ein Interview mit der Übersetzerin der Flamel-Serie, Ursula Höfker, führen. Sie hatte sich im Vorfeld freundlicherweise dazu bereit erklärt. Dabei erzählte sie über ihre Laufbahn und ihre Erfahrungen.
Silente 08: Seit wann übersetzen Sie?
Ursula Höfker: Freiberuflich seit 1985.
Wie sind Sie damals zu dieser Tätigkeit gekommen?
Ich hab das studiert. Bei uns in Deutschland ist das ein Studiengang, Übersetzer, und ich hab mich eben für literarische Übersetzungen entschieden. Damals haben alle gesagt: „So ein Schmarren, da verdient man kein Geld mit!“ Da haben sie zwar Recht gehabt, aber es macht Spaß!
Bei Ihren Büchern ist mir aufgefallen, dass sie manchmal den Namen „Ulla Höfker“ verwendet haben.
Ich bin laut Geburt Ursula, aber kein Mensch nennt mich so. Und wenn ich eben in den Verlagen auch bekannt war, dann war ich unter „Ulla“ dort bekannt. Da hat keiner mehr nachgefragt und dann stand eben Ulla Höfker drin. Wenn’s dann irgendwie doch ganz offiziell war, dann steht Ursula, aber ich bin die Gleiche.
Schreiben Sie neben Ihrer übersetzerischen Tätigkeit auch selbst?
Ich hab zwei Bücher gemacht, so Beschäftigungsbücher für Kinder, aber muss ich jetzt nicht mehr. Das Übersetzen macht mir so viel Spaß. Ich hab diese beiden Bücher geschrieben, weil ich vorher in einem Verlag eine Zeitschrift gemacht habe, und da waren immer solche Sachen für Kinder und Jugendliche drin, was sie machen können, Basteln und so, und es hat nie gestimmt, was da von den freien Mitarbeitern kam! Ich hab mir geschworen, irgendwann mach ich das mal so, dass es stimmt. Das hab ich jetzt gemacht und das ist gut.
Sie sagten, Sie würden freiberuflich arbeiten – Sie sind also nicht irgendwie verlagsgebunden?
Ich kenne keinen Übersetzer, der jetzt nur für einen Verlag arbeiten würde oder gar angestellt wäre. Das gibt es meines Wissens in Deutschland nicht. Ich arbeite für verschiedene Verlage.
Gibt es bei den vielen Büchern, die Sie übersetzt haben, eines, an das sie sich besonders erinnern?
Ja, eines. Georgie’s Blues [von Suzanne Newton, 1993]. Das ist schon ewig her, als ich das übersetzt habe. Das hat mich wirklich gepackt, von der Geschichte und von der Art, zu erzählen. Ich hab das beurteilt, also das Gutachten geschrieben, zuerst mal für den Verlag, und ich hab das Buch gelesen und ich hab so geheult! Das hab ich dem Verlag dann auch empfohlen und die Lektorin hat mir zurückgemailt, sie fände das Buch so toll, aber sie hätte so geheult. Und den Vertretern ging es dann genauso, aber es war ein wahnsinnig tolles Buch!
Wie sind Sie zu Die Geheimnisse des Nicholas Flamel gekommen?
Das war eine Anfrage vom Verlag. Ich hab ja vorher schon für cbj gearbeitet und die Lektorin fand wohl, dass ich geeignet wäre, das zu machen. Dann sind wir mal zusammengekommen und ich fand, das ist ein Glücksfall, so etwas! Ein Autor, der so schreiben kann und so viel Fantasie hat … also, für einen Übersetzer ist das ein Glücksfall!
Der Stil von Michael Scott gefällt Ihnen also?
Ja, Ihnen nicht? (lacht)
Hatten Sie mit Michael Scott jemals direkt zu tun?
Das lief alles über den Verlag, nein.
Ist es möglich, dass Sie auch Michael Scotts nächste Serie, The Earthlords, wieder übersetzen?
Wenn cbj die wieder übernimmt, wahrscheinlich. Klar, wäre toll, wenn ich die wieder übersetzen könnte, das würde mich natürlich sehr freuen! (lacht)
Wissen Sie, ob eine deutsche Übersetzung von The Lost Stories geplant ist?
Nein, da kann ich leider auch nichts sagen.
Möglicherweise, wenn genug Erzählungen beisammen sind und in Buchform erscheinen?
Das kann ich mir vorstellen, ja.
Wie lange haben sie durchschnittlich für ein Buch dieser Serie benötigt?
Das sind so zwei bis drei Monate.
Ist Ihnen dabei ein Zeitrahmen vom Verlag vorgegeben?
Ja, klar. Der Verlag ist wieder gebunden an die Herstellung. Es soll jetzt im Frühjahr erscheinen, ich muss dann Ende des Sommers, also August oder Juli, abgeben, damit dann eben das Lektorat noch kommen kann und die Herstellung und alles. Aber Michael Scott ist immer relativ früh dran, von daher ist eigentlich kein Zeitdruck für mich.
Wenn Sie ein Buch übersetzen, interessieren sie sich nachher dafür, wie es aufgenommen wird?
Ja, das interessiert mich natürlich schon. Ich krieg ja auch immer die Zahlen vom Verlag. Ich meine, das ist für mich auch rein finanziell interessant; wenn viel verkauft wird, wird der Übersetzer beteiligt und das ist eine tolle Sache. Muss schon sehr viel verkauft werden, kann ich sagen. (lacht)
Sind Sie als Übersetzerin verantwortlich für die Buchtitel?
Das läuft über den Verlag. Sie fragen manchmal: „Fällt Ihnen was ein? Wir haben das und das, wie stehen Sie dazu?“ Doch, da wird schon gefragt, aber die letztendliche Entscheidung hat dann der Verlag.
Mit den Titeln waren wir Fans teilweise nicht sehr glücklich …
Kann ich mir vorstellen. (lacht)
Bei Band sechs ist der Titel wieder einigermaßen in Ordnung, da ist es bloß im Original schwierig, zu verstehen, worauf er sich bezieht!
Ja, das war auch meine Frage. Denn es kommt nie einmal das Wort vor, nicht ein einziges Mal!
Haben Sie für die Übersetzung dieser Serie auch recherchieren müssen?
Ja, klar. Aber ich kenne Paris, ich kenne London, ich kenne San Francisco und Alcatraz – von daher war es auch wieder spannend für mich. Weil man kann sich zumindest ein bisschen vorstellen, wo das alles ist, und ich denke, das macht auch den Reiz des Buches insgesamt aus.
Warum haben Sie bei Akhenaten und Aten nicht die gebräuchlichen deutschen Namen Echnaton und Aton verwendet?
Da gibt es verschiedene Schreibweisen!
Ferner ist aufgefallen, dass Sie Chronos in einem Band mit „ch“ schreiben, in einem anderen mit „k“.
(zögert) Verwirrt mich jetzt, wenn Sie das so sagen. Sollte nicht sein. Es ist auch möglich, dass eine andere Lektorin dran war. Will ich jetzt gar nicht sagen, aber das ist schon manchmal vorgekommen, wenn das Lektorat gewechselt hat, dass die neue Dame oder der neue Herr sagt: „Ach ne, das machen wir so“; oder den Band vorher gar nicht so genau kennt und nicht weiß, wie es da geschrieben ist. Das könnte schon sein, aber das dürfte natürlich nicht vorkommen!
Chronos und Kronos sind nämlich verschiedene Figuren.
Na gut, aber es ist klar, wer gemeint ist!
Das gleiche Problem gab es mit Phobos und Phöbos.
Ja, da war’s wohl mit dem Lektorat, das meinte, das müsse so sein. Aber es war immer von Satyrn die Rede, man konnte es sich also dazu denken. Aber ich gebe zu, das dürfte eigentlich nicht so sein!
Warum haben Sie von „Abraham der Magier“ zu „Abraham der Weise“ gewechselt?
Das war, glaube ich, weil der Magier ja Dee war; und dann Magier und der andere Magier … Ja, das war ich, da bin ich dann zu dem „Weisen“ übergegangen.
Wissen Sie, was im Detail mit einem Buch geschieht, wenn Sie die Übersetzung beim Verlag abgeben?
Ja, klar. Dann geht die Lektorin drüber; wenn ihr irgendwas merkwürdig vorkommt, vergleicht sie auch nochmal mit dem Original. Das ist unterschiedlich, wie intensiv dieser Vergleich dann nochmal stattfindet, aber auf jeden Fall wird das Deutsch einfach noch einmal überprüft, ob es klingt. Weil es kann natürlich sein, dass man als Übersetzer so im Text gefangen ist, dass man den Fluss ein bisschen vergisst. Ich mach da immer drei Durchgänge: Erste Übersetzung, klar, dann kommt die zweite – nochmal der Vergleich mit dem Original –, und der dritte Durchgang ist dann ohne das Original, einfach nur sprachlich.
Und diesen sprachlichen Durchgang macht eben das Lektorat nochmal, dann krieg ich das Buch in der Regel noch einmal zurück, wenn irgendwelche Sachen strittig sind, damit ich da sagen kann: „Nö, aber das will ich jetzt doch so haben!“ oder „Das andere gefällt mir besser!“
Dann lesen zwei Korrektoren noch drüber, wegen der Druckfehler. Sind aber immer noch welche drinnen; das gibt’s gar nicht, ich glaube, da können fünf drüberlesen und trotzdem flutscht noch irgendwas durch! Also, das Beste war mal in einem Buch, da ging’s um Fußball, und im Stadion gingen die „Schweinwerfer“ an! (lacht)
Ich kenn das Buch natürlich durch und durch und es kann gut sein: Ich weiß, was ich zu erwarten habe, und ich lese das, was ich erwarte. Ob da jetzt ein Buchstabe fehlt … Für die Verlagskorrektoren ist der Text fremd und die müssen eigentlich nur nach Grammatik und Rechtschreibung sehen. Aber wie gesagt, jeder tut sein Bestes und es passiert trotzdem irgendwas.
Lesen Sie die Bücher eigentlich zuerst komplett durch oder übersetzen Sie von vornherein?
Bei den Serien fang ich gleich an, zu übersetzen. Wenn ich einen Einzeltitel habe und die Zeit reicht, schau ich schon mal drüber. Und manchmal ist es einfach so spannend, da muss ich weiterlesen, da muss ich das Original erst einmal lesen!
Der erste Film soll im nächsten Jahr produziert werden.
Ja, da bin ich gespannt!
Können Sie uns etwas zur neuen Serie „Pandämonium“ sagen, die Sie übersetzen? Gibt es Parallelen zu Flamel?
Nein, Parallelen nicht. Das war von der Übersetzung her sehr, sehr, sehr schwierig! Denn es spielt in der Shakespeare-Zeit und mit dem Duktus der Shakespeare-Zeit. Das war wirklich sehr schwierig und es gab Textstellen, da wusste ich Null. Ich wusste einfach nicht, was er meint! Es gibt, Gott sei Dank, im Internet ein Shakespeare-Wörterbuch; das hat dann elend viel Zeit gekostet! Aber es ist ein tolles Buch. Ich kenn jetzt nur den ersten Band, der zweite kommt dann nächstes Jahr dran.
Hatten Sie eigentlich schon einmal mit anderen Fans von Büchern, die sie übersetzt hatten, zu tun?
Nö, eigentlich nicht. Also, außer den Lesern, die ich so kenne, klar. Mein Mann arbeitet in einer Buchhandlung und da hört er natürlich immer die Kommentare und so. Aber so, wie Sie jetzt, nicht!
Vielen Dank für das Gespräch!
Okay – schöne Grüße, machen Sie’s gut und weiterhin viel Spaß!